Nachhaltige Entwicklungsziele (SDGs)
Die Nachhaltigen Entwicklungsziele sind – zumindest in der entwicklungspolitischen Szene – in aller Munde. Auch die Fair-Handels-Akteure beziehen sich auf diesen internationalen Referenzrahmen, denn viele unserer eigenen Ziele spiegeln sich darin wider.
Die Nachhaltigen Entwicklungsziele
- heißen auf englisch „Sustainable Development Goals“ oder kurz „SDGs“,
- sind Teil der globalen „Agenda 2030“,
- wurden im September 2015 von den 193 UN-Mitgliedsstaaten – und damit fast allen Ländern der Erde – einstimmig beschlossen,
- sind 17 große Ziele mit insgesamt 169 Unterzielen und gelten für alle Mitgliedsstaaten der UN gleichermaßen,
- sollen bis 2030 nachhaltige Entwicklung in wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Fragen weltweit befördern.
Worum geht es bei den Nachhaltigen Entwicklungszielen?
Bereits mit dem Titel der Agenda „Transformation unserer Welt“ signalisieren die Regierungen den Anspruch, dass die Agenda 2030 grundlegende Veränderungen in Politik und Gesellschaft anstoßen soll. Mit den 17 Zielen für eine nachhaltige Entwicklung wollen sie die globalen Probleme der Welt bis 2030 gemeinsam lösen und Armut, Hunger und Umweltzerstörung beenden.
Das Besondere ist, dass die 17 Ziele mitsamt ihren 169 Unterzielen für alle Länder dieser Welt gleichermaßen gelten. Dies kommt einem Paradigmenwechsel gleich, der angesichts des notwendigen Wandels hin zu einem sozial und ökologisch verträglichen Wirtschafts- und Gesellschaftssystem tatsächlich alle Länder der Welt zu sogenannten „Entwicklungsländern“ macht.
Damit bieten die Nachhaltigen Entwicklungsziele eine große Chance, denn sie haben „die Macht, infrage zu stellen, wie wir leben und unsere Wirtschaft gestalten, wie wir produzieren und konsumieren.“ (Studie der Bertelsmann-Stiftung „Die nachhaltigen Entwicklungsziele der UN: Sind die Industrieländer bereit?“).
Für Fair-Handels-Akteure fallen besonders die Defizite der sogenannten „Industrieländer“ im Hinblick auf die Ziele 8 und 12 in den Blick. Denn mit unserem gegenwärtigen Lebensstil und unserer Wirtschaftsweise leben wir in Deutschland auf Kosten anderer Menschen und zukünftiger Generationen. Ein Wandel hin zu einem sozial und ökologisch nachhaltigen Wirtschaftsmodell ist dringend notwendig.
Wo sind die Grenzen der Nachhaltigen Entwicklungsziele?
Die Agenda 2030 bietet die Chance, die Globalisierung gerechter und ökologisch nachhaltiger zu gestalten. Die Einigung der 193 Staaten gibt Hoffnung. Doch trotz guter Ansätze der Ziele ist auch Skepsis erlaubt – denn:
- Die Agenda benennt Missstände und Ziele. Konkrete Maßnahmen zur Umsetzung werden jedoch nicht genannt und die formulierten Unterziele greifen teilweise viel zu kurz. Auch die Indikatoren, um zu messen, ob die Ziele erreicht wurden, sind größtenteils nicht ambitioniert genug.
- Die Ziele haben keine juristisch bindende Wirkung, sondern sind lediglich Absichtserklärungen der Staaten. Die Vereinten Nationen haben keine Sanktionsmöglichkeiten, sollten die Maßnahmen nicht umgesetzt und die Ziele nicht erreicht werden.
- Es sind enorme finanzielle Anstrengungen nötig, um die Ziele zu erreichen und es ist unklar, wer die erforderlichen Mittel bereitstellen wird.
- Während der diplomatischen Aushandlungen der 193 UN-Mitgliedsstaaten kam es unvermeidbar zu Kompromissen und zum Teil auch zu Widersprüchen innerhalb der Ziele. So steht beispielsweise die Festlegung auf dauerhaftes Wirtschaftswachstum (SDG 8) im Widerspruch zu den begrenzten natürlichen Ressourcen.
- Aus entwicklungspolitischer Sicht werden die strukturellen Ursachen von Armut und sozialer Ungleichheit, die durch das globale Wirtschafts-, Finanz- und Handelssystem begünstigt werden, nicht ausreichend benannt. Insbesondere die hochgradig asymmetrischen Handelsbeziehungen und Machtstrukturen werden nicht in den Blick genommen.
- Die Themen „nachhaltige Produktion“ und „menschenwürdige Arbeit“ sind zwar mit den Zielen 8 und 12 abgedeckt, doch verbindliche menschenrechtliche Sorgfaltspflichten für Unternehmen werden als Maßnahme nicht erwähnt. Insgesamt wird der Verantwortung von Unternehmen, ihre Tätigkeiten nach sozialen und ökologischen Standards auszurichten und Menschenrechtsvergehen zu verhindern, in der Agenda 2030 eine vergleichsweise geringe Beachtung geschenkt.
- Eine politische Öffnung hin zu einem konkreten Richtungswechsel für mehr Nachhaltigkeit in zentralen Politikfeldern wie Landwirtschaft, Handel und Flächen- und Ressourcenverbrauch ist nicht zu erkennen. Auch die globale Dimension vieler Problemfelder wie Armut und Ernährung wird nicht erfasst. Außerdem gibt es vorwiegend ökonomische Indikatoren, soziale und ökologische Indikatoren werden vernachlässigt.
Dennoch: „Nüchterner politischer Realismus gebietet, die Regierungen nun illusionslos beim Wort zu nehmen und die 2030 Agenda als weiteres Argument in der politischen Auseinandersetzung zu nutzen, ausstehende Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit einzufordern und politisch auch gegen Widerstände durchzusetzen. Das tut die Zivilgesellschaft nun überall auf der Welt.“ (Aus: Forum Umwelt und Entwicklung, Forum Menschenrechte und VENRO (2016): Deutschland und die UN-Nachhaltigkeitsagenda. Noch lange nicht nachhaltig)
Stand: Januar 2018
Quelle
Begleitheft zum Weltladentag 2018