Fair handeln - für mehr Gerechtigkeit
Die Welt ist nicht gerecht. Vom aktuellen Welthandelssystem profitiert nur ein kleiner Teil der Menschheit, während unzählige Menschen – vor allem in den Ländern des Südens - trotz harter Arbeit ums tägliche Überleben kämpfen. Der Faire Handel stellt dem eine eigene Vision der Globalisierung entgegen – seit fast 50 Jahren.
Der Faire Handel ist zu Beginn der 1970er Jahre entstanden – in einer Zeit, in der in Deutschland Zehntausende gegen ungerechte Regeln im Welthandel protestierten. Die konfessionellen Jugendverbände gründeten die „Aktion Dritte Welt Handel“ aus Kritik an der offiziellen Entwicklungspolitik. Unter dem Motto „Lernen durch Handeln“ wollten sie auf die ihrer Ansicht nach ungerechten Welthandelsstrukturen aufmerksam machen. Der Verkauf von Produkten stand zunächst nicht im Vordergrund.

Verschiedene Ansätze – ein Ziel
Bis heute hat der Faire Handel eine rasante Entwicklung erlebt: Aus den ersten Aktionsgruppen und Weltläden Anfang der 1970er Jahre heraus haben sich zahlreiche Organisationen und Netzwerke gegründet. Eine breite Produktpalette ist entstanden, mit der alleine in Deutschland mittlerweile ein Jahresumsatz von über 1,5 Mrd. Euro erzielt wird. Mit strengen Kriterien wie z.B. einem festgesetzten Mindestpreis für viele Produkte hebt er sich von anderen Nachhaltigkeitsinitiativen ab. Denn beim Fairen Handel steht der Mensch im Mittelpunkt.
Im Laufe der Zeit haben sich im Wesentlichen zwei unterschiedliche Ansätze für die Vermarktung der Produkte entwickelt:

1. Der unternehmensbezogene Ansatz
Fair-Handels-Unternehmen sind Unternehmen, die sich zu 100 % dem Fairen Handel verschrieben haben. Sie importieren die Waren von ihren Handelspartnern, verarbeiten sie teilweise und vertreiben sie über Weltläden, zum Teil auch über den konventionellen Handel, über Großverbraucher oder Online-Shops. Ihr Ziel ist es, eine möglichst faire Lieferkette auf- und auszubauen.

2. Der produktbezogene Ansatz
Durch die Kennzeichnung von Produkten bzw. einzelner Bestandteile ist es auch konventionellen Unternehmen möglich, fair gehandelte Waren zu importieren, zu verarbeiten und zu vertreiben. Sie nutzen dafür im Wesentlichen konventionelle Verarbeiter und Vermarktungsstrukturen.
Trotz unterschiedlicher Ansätze eint die Fair-Handels-Bewegung das gemeinsame Ziel, dass alle Menschen weltweit in Würde Leben und Arbeiten können. Dabei ist klar: Nur durch ein anderes Konsumverhalten lässt sich dieses Ziel nicht erreichen. Vielmehr braucht es gerechtere Regeln für den Welthandel. Mit seiner politischen Arbeit setzt der Faire Handel sich seit Anbeginn dafür ein.
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Im Jahr 2001 haben sich vier internationale Dachorganisationen des Fairen Handels auf folgende Definition des Fairen Handels verständigt:
„Der Faire Handel ist eine Handelspartnerschaft, die auf Dialog, Transparenz und Respekt beruht und nach mehr Gerechtigkeit im internationalen Handel strebt. Durch bessere Handelsbedingungen und die Sicherung sozialer Rechte für benachteiligte Produzent/innen und Arbeiter/innen – insbesondere in den Ländern des Südens – leistet der Faire Handel einen Beitrag zu nachhaltiger Entwicklung.
Fair-Handels-Organisationen engagieren sich (gemeinsam mit Verbraucher/innen) für die Unterstützung der Produzent/innen, die Bewusstseinsbildung sowie die Kampagnenarbeit zur Veränderung der Regeln und der Praxis des konventionellen Welthandels.“
Fairer Handel wirkt!
Der Faire Handel verbessert die Lebens- und Arbeitsbedingungen für Menschen am Anfang der Lieferkette und schafft so Zukunftsperspektiven. Rund 2,5 Mio. Menschen in mehr als 70 Ländern profitieren von den Leistungen des Fairen Handels, was durch zahlreiche Studien und Berichte belegt wird. Die höheren Erlöse, die sie durch den Fairen Handel erzielen, sind ein wichtiger Faktor. Denn sie ermöglichen ihnen Investitionen in ihre Ausbildung und die ihrer Kinder. Aber es gibt viele weitere Wirkungen, die teilweise noch wichtiger sind als das höhere Einkommen. Einige Beispiele:
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1.
Insbesondere Frauen profitieren vom Fairen Handel. Denn ihnen ermöglicht er den Zugang zu Weiterbildungen und zu Führungspositionen in ihren Organisationen, so dass sie sich besser für ihre Anliegen und die ihrer Familien einsetzen können.
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2.
Langfristige Handelsbeziehungen und festgelegte Mindestpreise für zahlreiche Produkte gewähren den Erzeuger/innen eine stabile wirtschaftliche Basis. Sie ermöglicht ihnen Investitionen in ihre Betriebe.
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3.
Der Faire Handel stärkt die Netzwerke der Produzentenorganisationen. So haben sie mehr Möglichkeiten, sich politisch und ökonomisch für ihre Anliegen einzusetzen.
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4.
Beratungen und Schulen helfen Produzent/innen dabei, neue Herausforderungen zu bewältigen. Zum Beispiel die Umstellung auf ökologischen Anbau oder die Anpassung an die Folgen des Klimawandels.
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5.
Auch die Gesellschaft hierzulande verändert der Faire Handel nachweislich. Eine Studie aus dem Jahr 2016 hat gezeigt, dass die Informationsarbeit des Fairen Handels zu einem stärkeren Bewusstsein in der Bevölkerung über Fragen der Globalisierung führt. Daraus resultiert auch ein verändertes Verbraucherverhalten. Und mit rund 100.000 Engagierten stellt der Faire Handel die größte entwicklungspolitische Bewegung in Deutschland und biete viele Möglichkeiten für bürgerschaftliches Engagement.
Trotz der belegten positiven Wirkungen des Fairen Handels ist der Weg, das Ziel eines gerechten Welthandels zu erreichen, noch weit. Zum einen müssen die Umsätze des Fairen Handels weiter deutlich steigen, damit mehr Menschen von seinen Leistungen profitieren können. Denn noch immer stammen in Deutschland nur knapp 5 von 100 Tassen Kaffee aus Fairem Handel. Zum anderen dienen zahlreiche internationale Handelsabkommen in erster Linie den Interessen der Länder des Nordens, statt Perspektiven für die Menschen im Süden zu schaffen. Eine Ausweitung des Fairen Handels ist also nach wie vor dringend geboten.