Mentor*innenmodell für neue Mitarbeiter*innen
Die Einarbeitung via Mentor*innen ist eine Möglichkeit, um neue Mitarbeitende systematisch und persönlich mit der Arbeit im Weltladen vertraut zu machen. Die Mentor*innen unterstützen dabei als Lernberater*innen den Prozess der Aneignung von Kompetenzen. Die Mentor*innen sind gleichzeitig wichtige Bezugspersonen für die neuen Mitarbeitenden, um Zugang zum sozialen Netz des Weltladens zu finden. Für neue Mitarbeitende ist es wichtig, in der Gruppe des Verkaufsdienstes begrüßt und vorgestellt zu werden. Ein eigenes Postfach für den Erhalt von Mitteilungen und die Aufnahme in die Telefon- und E-Mail-Liste der Mitarbeiter*innen erleichtern den Zugang zur Kommunikation.
Der*die Neueinsteiger*in nennt die zeitlich passenden Schichten. Die für die Einarbeitung zuständige Koordination vermittelt daraufhin eine*n Mentor*in, der*die von der zeitlichen Verfügbarkeit her und auch mutmaßlich menschlich passt. Grundsätzlich empfiehlt es sich, pro Mentor*in nur eine*n Neueinsteiger*in zuzuteilen. Das ermöglicht eine intensive Betreuung. Diese Kontinuität stärkt und fördert das Vertrauen zwischen Mentor*in und Neueinsteiger*in.
Vor Beginn des ersten gemeinsamen Ladendienstes sollte Zeit für ein einführendes Gespräch eingeplant werden. Im Idealfall ist der*die Weltladen- Mitarbeiter*in, welche*r das erste Kontaktgespräch geführt hat, zugegen und führt Mentor*in und Mitarbeiter*in förmlich zusammen. Der*die Mentor*in stellt die Lernschritte vor und vereinbart die gemeinsamen Ladendienste. Dabei geht es um einen ungefähren Zeitrahmen von zehn begleiteten Ladendiensten. Außerdem übergibt der*die Mentor*in das Lerntagebuch bzw. Weltladen-Handbuch. Im Gespräch werden zudem Erwartungen und Wünsche des*der neuen Mitarbeiter*in und des*der Mentors*in angesprochen und bereits vorhandene Kenntnisse und Erfahrungen ausgetauscht. Gleichzeitig können Ziele für die erste Einarbeitungsphase festgelegt werden.
Weiter unten befindet sich ein Vorschlag für einen möglichen Lernplan – der natürlich den Bedingungen des jeweiligen Weltladens angepasst werden sollte. Die dort aufgeführten Lernschritte geben eine Orientierung, wie der Lernweg strukturiert werden kann. Parallel dazu gehört das jeweils aktuelle Verkaufsgeschehen, in dem praktische Fähigkeiten im Verkauf vermittelt werden und in dem der*die neue Mitarbeiter*in die organisatorischen Abläufe rund um den Verkaufsdienst kennen lernt. Einige Lernschritte sind nicht planbar, weil sie nicht regelmäßig in der Arbeit wiederkehren, wie zum Beispiel die Annahme einer Lieferung. Der*die Mentor*in vermittelt dann bei der gemeinsamen Annahme der Lieferung das nötige Hintergrundwissen. Das Lernen wird sich also einerseits flexibel dem Geschehen anpassen und gleichzeitig strukturiert Schritt für Schritt vorangehen. Generell empfiehlt es sich, vor oder nach den gemeinsamen Ladenschichten etwas Zeit einzuplanen, um gemütlich bei Kaffee oder Tee die theoretischen Inhalte und Rückfragen zu erläutern.
Die folgenden Lernschritte könnte man sich wie ein Regal vorstellen, in das die speziellen Wissensbestände des jeweiligen Weltladens einsortiert werden. Wenn es z.B. um die Einführung in den Umgang mit der Kasse geht, wird die spezielle Bedienungsanleitung ins Lerntagebuch eingefügt. Auf diese Weise entsteht ein Handbuch, in dem das Verkaufswissen systematisch nachgeschlagen werden kann. Ein solches Handbuch sollte auch allen weiteren Mitarbeiter*innen im Verkauf zur Verfügung stehen.
1. Lernschritt: Den Weltladen kennen lernen
- Einführung in Räumlichkeiten und Infrastruktur des Weltladens
- Vorstellen der Abläufe im Ladendienst
2. Lernschritt: Die Weltladen-Bewegung kennen lernen
- Wie entstand die Weltladen-Bewegung? Welche Geschichte hat der Weltladen vor Ort?
- Was ist der Weltladen-Dachverband? Was beinhaltet die Konvention der Weltläden?
3. Lernschritt: Die Kasse kennen und bedienen lernen
- Wie wird der Preis eingegeben? Wie werden die Warengruppen zugeordnet?
- Welche besonderen Vorgänge sind zu lernen? (z.B. Storno, Pfandrücknahme)
4. Lernschritt: Wissen rund um den Verkaufsservice
- Wie finde ich Preise und Produkte in den Katalogen?
- Wen informiere ich, wenn Ware nachbestellt werden muss?
- Wie funktionieren Sonderbestellungen von Kund*innen?
- Was tun, wenn Kund*innen Waren beschädigen? (Bruchware, Abschreibung)
- Wie geht man mit Reklamationen um?
- Was ist bei der Ausgabe von Geschenkgutscheinen zu beachten?
- Welche Preisnachlässe gibt es für Kund*innen?
- Dekoratives Nachräumen von Waren in die Regale
5. Lernschritt: Beispielhaft am Kaffee den Fairen Handel verstehen
- Der Kaffee ist ein zentrales Produkt der Weltläden.
- Welche Kaffeesorten und -qualitäten gibt es? Wie wird Kaffee angebaut/ verarbeitet?
- Nachvollziehen des Fairen Handels am Beispiel Kaffee von den Produzent*innen bis ins Regal.
- Wo finde ich Informationen über weitere Produkte und Produzent*innen im Weltladen?
6. Lernschritt: Organisatorisches Wissen für den Ladenalltag
- Welche besonderen Arbeitsschritte finden bei Öffnung des Weltladens statt?
- Wohin wird ankommende Post einsortiert?
- Besondere Regelungen z.B: Welche Plakate und Infomaterialien werden zum Aushängen bzw. Auslegen angenommen? Welche laufenden Arbeiten gibt es? (Waren auffüllen, Regale putzen, Geschirr spülen)
- Was ist bei der Ausgabe von Kommissionsware zu beachten?
- Wie werden Auslagen erstattet?
- Wie wird die Kasse abgerechnet?
- Was ist bei Beendigung des Arbeitstages im Weltladen zu beachten?
7. Lernschritt: Who is who im Laden und im Fairen Handel
- Vertiefende Erläuterungen über Zuständigkeiten, Entscheidungsträger*innen und Arbeitsgruppen im Weltladen
- Grunddaten des Ladens: Wieviel Umsatz machen wir? Gibt es bezahlte Arbeitskräfte?
- Einbindung in lokale Netzwerke
- Einbindung in überregionale Netzwerke und Mitgliedschaften
- Akteure im Fairen Handel
8. Lernschritt: Die Importeure und die Annahme von Lieferungen
- Welche Importeure im Fairen Handel gibt es?
- Wie unterscheiden sich die Produktinformationen der verschiedenen Importeure?
- Was ist bei der Annahme einer Lieferung zu beachten?
9. Lernschritt: im Anschluss an 7
- Was ist der Lieferantenkatalog?
- Was bedeuten die verschiedenen Fair-Handels-Siegel auf den Produkten?
- Wieso tragen die Produkte im Weltladen in der Regel kein Fairtrade-Siegel?
- Welche Bio-Siegel gibt es im Fairen Handel?
10. Lernschritt: Kund*innen - die unbekannten Wesen
- Wer kauft bei uns ein?
- Kund*innenorientierung und -kommunikation im Weltladen: Wie verstehe ich den*die Kund*in und wie versteht er*sie mich? Wie sehen Kund*innen den Weltladen?
- Einüben von Verkaufsgesprächen
- Wie erkläre ich neuen Kund*innen die Idee des Fairen Handels verständlich?
- Umgang mit unterschiedlichen Kund*innentypen
- Wie verhindere ich Ladendiebstahl? Was tun bei beobachtetem Diebstahl?
11. Lernschritt: Der Weltladen als Wirtschaftsbetrieb
- Rechtsform und Trägerschaft des jeweiligen Weltladens; sofern Verein: Trennung wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb und ideeller Tätigkeitsbereich
- Welche Umsatzsteuer wird auf welche Produkte erhoben?
- Wie kalkuliert unser Weltladen? Kosten, Preisbildung und Rabatte im Weltladen
- Umgang mit Reklamationen (von Kund*in, gegenüber Importorganisation)
12. Lernschritt: Wirkung des Weltladens nach außen
- Werbung und Marketing
- Überregionale Aspekte: Weltladen CD-Linie und professionelles Auftreten von Weltläden
- Welche Grundsätze zur inneren und äußeren Ladengestaltung und zum Auftritt unseres Weltladens gibt es?
- Welche Bedeutung hat Umsatzorientierung für unsere Handelspartner*innen?
Die Bearbeitung der vorgeschlagenen Lernschritte wird im Rahmen der Ladenschichten sicherlich nicht die Tiefe eines Lernens in Seminarform erreichen. Der*die Mentor*in selbst muss die Inhalte beherrschen. Vor oder nach der gemeinsamen Ladenschicht sollte etwas Zeit für die Einführung einkalkuliert werden, da der Raum, den der Ladenalltag für vertiefende Erklärungen lässt, oft unkalkulierbar ist. Die Lernschritte lassen sich dann nicht wie geplant einhalten oder andere Themen werden aus aktuellem Anlass vorgezogen – was nicht schlecht sein muss, sofern dies dokumentiert wird.
Checkliste für Mentor*innen
- Lehrplan-Unterlagen durcharbeiten: Was muss ich vermitteln?
- Kontakt mit neuem*r Mitarbeiter*in aufnehmen
- Doppelte Schichtplanung: Eigene Schichten mit den Wünschen/Möglichkeiten des*der neuen Mitarbeiter*in abstimmen
- Regelmäßiges Feedback an koordinierende*n Anleiter*in geben
- Gemeinsame Zeiten aufeinander abstimmen
Checkliste für koordinierende*n Anleiter*in
- Geeignete Mentor*innen ansprechen und Bereitschaft und Verfügbarkeit erfragen
- Aufgabe und Anforderung des*der Mentor*in mit diesem*dieser klären
- Supervision bzw. regelmäßige Rücksprache anbieten
- Geeignete Zuteilung Mentor*in und neue*r Mitarbeiter*in - "Paarbildung" - Kontakt herstellen
- Lehrplanerstellung für den*die Neueinsteiger*in (Halbjahresübersicht)
- Inhalte des Lehrplans mit dem*der Mentor*in durchsprechen
- Besuch in der Ladenschicht, Zusammenarbeit mit Mentor*in und neuem*r Mitarbeiter*in
- Zwischenauswertung und Abschlussgespräch mit Mentor*in und Mitarbeiter*in