Entscheidungsstrukturen
Zur Führung eines Weltladens gehört es, sich Ziele zu setzen und Entscheidungen zu treffen. Nur wenn sich der Weltladen Ziele setzt, kann er zielgerichtete Entscheidungen treffen und Maßnahmen planen.
Welche Entscheidungsstrukturen im Weltladen existieren, hängt zum einen von der Rechtsform ab. Bei der GmbH hat die Gesellschafter*innenversammlung, bei der eG der Aufsichtsrat sowie die von diesen Gremien eingestellten Geschäftsführer*innen besondere Verantwortung. In Vereinen führt meist der Vorstand die Geschäfte, während die Mitgliederversammlung das oberste Beschlussorgan ist. Zum anderen hängen die Entscheidungsstrukturen aber vor allem vom entsprechenden Organisationsmodell des jeweiligen Weltladens ab.
Je nach Organisationsstruktur des Weltladens werden die Ziele und Entscheidungen gemeinsam oder von einzelnen Akteuren festgelegt, getroffen und verantwortet. Bei grundsätzlichen Zielen und weitreichenden Entscheidungen, wie z.B. Selbstverständnis des Weltladens oder Umzug in ein neues Ladenlokal, sollten alle Mitarbeiter*innen beteiligt werden. Nur wenn die Mitarbeiter*innen einbezogen werden, kann man sie für die Ziele gewinnen und sie werden sich, für die dann gemeinsamen Ziele, einsetzen. Ziele sollten konkret, erreichbar, messbar und akzeptiert sein.
Es gibt unterschiedlich weitreichende Entscheidungen. Entscheidungen finden z.B. auf der strategischen und der operativen Ebene statt.
Bei Teilzielen und weniger weitreichenden Entscheidungen, wie z.B. Ausgaben für die Schaufensterdekoration, werden diejenigen Mitarbeiter*innen einbezogen, die es betrifft, in deren Aufgaben- und Verantwortungsbereich es fällt und die die Fachkompetenz besitzen.
Es gibt verschiedene Wege, Entscheidungen zu fällen:
- Alle entscheiden alles
- Einzelne (Vorstand, Hauptamtliche) entscheiden: wer die Macht hat (Position); wer die Kompetenz hat (Zuständigkeit und Fachlichkeit); wer am lautesten, schnellsten, ausdauerndsten ist
- Keine*r entscheidet
- Mehrheitsentscheidungen
- Konsensentscheidungen
Weltläden haben sich das Kriterium "demokratische Selbstorganisation" ins Stammbuch geschrieben. Was für die Produzent*innen gelten soll, sollte auch im Weltladen selbstverständlich sein. Das bedeutet auf der einen Seite, dass z.B. "Chef*innen" oder Vorstände nicht autoritär "regieren" und allein über die strategische Entwicklung des Ladens bestimmen sollen. Es muss klar sein, bei wem welche Kompetenzen liegen und wie die Mitbestimmung organisiert wird. Je transparenter, desto besser. Mitbestimmung beinhaltet auch immer die Pflicht zur eigenen Information. Bestimmte strategische Entscheidungen sollten von möglichst vielen getroffen und auch getragen werden. So kann z.B. sogar bei so wichtigen Themen wie einem geplanten Umzug des Weltladens vereinbart werden, dass auch Mitarbeiter*innen ein Stimmrecht erhalten, die nicht Mitglieder im Verein sind. Mitbestimmung steigert die Identifikation mit der getroffenen Entscheidung. Transparent wird die Struktur der Mitbestimmung beispielsweise durch ein Organigramm, was insbesondere Neueinsteiger*innen sehr bei der Orientierung hilft.
Demokratie heißt aber auf der anderen Seite auch nicht, dass alle Mitarbeiter*innen überall reinreden oder in die Arbeit bestimmter Teams eingreifen können. So liegt z.B. die Schaufensterdekoration oder die Ladengestaltung in festgelegten Händen und darf nicht von jeder*jedem verändert werden.
Wenn die Arbeit in Gruppen organisiert wird, sollten diese auch bestimmte Befugnisse erhalten. So braucht z.B. das Sortiments-Team einen bestimmten finanziellen Rahmen, über den es hinsichtlich der Bestellungen selbst entscheiden kann. Für eine optimale Arbeitsorganisation müssen bestimmte Entscheidungsbefugnisse in die Teams delegiert werden, weil die Arbeitsgruppen dafür die Fachkompetenz besitzen und nicht alles in großer Runde verhandelt werden kann. Die Entscheidungen der Arbeitsgruppen müssen dann aber auch von allen mitgetragen und umgesetzt werden. Auf der anderen Seite dürfen sich die Arbeitsgruppen mit ihren Entscheidungen aber nicht über grundsätzliche Beschlüsse und Planungen hinwegsetzen. Wenn z.B. klar ist, dass sich die Dekorationsgruppe thematisch nach den Vereinbarungen aus dem Jahresplan richten muss, kann viel Ärger und ineffektives Arbeiten vermieden werden.
Allgemeine Tipps zur Entscheidungsfindung:
- Themenspeicher zu Fragestellungen einrichten, die (langfristig) bearbeitet werden müssen
- Fragestellungen klar umreißen – Worum geht es genau?
- alle Faktoren zusammentragen, die mit der Entscheidung zusammenhängen
- mögliche Alternativen suchen
- positive und negative Folgen einer Entscheidung erarbeiten, um so die Alternativen besser einschätzen zu können
- offene Fragen aufdecken und weitere Informationen dazu einholen
- Zeitrahmen abstecken
- Umsetzung der Entscheidung mit Verantwortlichkeiten klären
- Mechanismen zur Erfolgskontrolle vereinbaren
Wichtig ist: Eine Entscheidung ist nur dann eine Entscheidung, wenn sie auch Gültigkeit hat – und das setzt wiederum Mechanismen voraus, etwas Beschlossenes auch umzusetzen.
Stand: 2020
Quelle
Weltladen-Dachverband (2015): Grundkurs Weltladen. Modul 7 “Ladenorganisation”.